Gänsehautmoment inklusive

Gänsehautmoment inklusive

Bericht aus:  Badische Zeitung vom Samstag, 19. Juli 2008 - Kul vom 19.07.2008

Das Musical "Footloose" in einer Produktion der Musical-Company des Lise-Meitner-Gymnasiums Grenzach-Wyhlen


Der Neue kommt aus Chicago. Und er mischt die provinzielle und konservative Kleinstadtszene gleich ordentlich auf. "Wo kann man sich in diesem Kaff amüsieren?" , fragt er provozierend in die Runde. Doch was Vergnügungen anbetrifft, ist in dem sittenstrengen Städtchen Bomont Fehlanzeige. In der Gemeinde herrscht striktes Tanzverbot, seit vier Jugendliche nach einer Party im Auto verunglückten. Aber Ren McCormack, so heißt der rebellische Neuling, lehnt sich gegen dieses Gesetz auf: "Tanz ist kein Verbrechen" , postuliert er und bringt nach und nach die Zweifler auf seine Seite und die Tanz- und Lebensfreude zurück.

Soweit der "Plot" des Musicals "Foot loose" von Tom Snow (Musik) und Dean Pitchford (Texte), das einmal nicht nur Tanznummer an Tanznummer, Song an Song reiht wie andere Musicalshows, sondern auch nachdenkenswerten Inhalt transportiert: Da geht es um Generationenkonflikte, um Wünsche, Träume, Hoffnungen von Jugendlichen in einer spießigen Kleinstadtatmosphäre, um Rivalitäten in den Cliquen, um erste Liebe, um Streit zwischen besorgten Eltern und ihren flügge werdenden Kindern. Das alles kommt in der aufwändigen und professionell gemachten Produktion der Musical-Company des Lise-Meitner-Gymnasiums Grenzach-Wyhlen in der Hochrheinhalle unter Regie von Projektleiter Thomas Vogt schauspielerisch, sängerisch und tänzerisch mitreißend und authentisch rüber. Man spürt, dass sich die mitwirkenden Jugendlichen enorm in ihre Rollen hineinfinden und sie zeigen auch erstaunliche Musical-Qualitäten, was Stimme, Gesang und Tanz anbetrifft.

Hauptdarsteller Kilian Blum spielt überzeugend den lässigen Mädchenschwarm Ren, der die Girls zum Kreischen und Anhimmeln und die Kleinstädter in Rage bringt, und legt in Songs wie "I can’t stand still" auch eine dynamische Bühnen-Performance hin. Natascha Gooneratne als umschwärmte Ariel — sie teilt sich die Rolle mit Simone Dörpfeld — gibt ebenso leidenschaftlich die aufmüpfige Tochter des Reverends, die sich von ihrem moralstrengen Vater eingesperrt fühlt. Wie in der Balkonszene von Romeo und Julia treffen sich Ren und Ariel auf einem Gerüst neben der Bühne und singen ihr romantisches Liebesduett "Almost paradise" — Gänsehautmoment inklusive. Stark inszeniert auch die Szene, in der sich Ariel mit dem coolen, angeberischen Rockertypen Chuck trifft. Lukas Hülser posiert da in schwarzer Ledermontur, Sonnenbrille und James-Dean-Pose auf dem Motorrad.

Witz, Kessheit, mädchenhaftes Kichern und ein bisschen Zickenalarm kommen ins Spiel, wenn die Freundinnen Rusty (Constanze Metz), Urleen (Kim Schmidt) und Wendy Jo (Annabelle Leppert) — auch für diese Rollen gibt es Doppelbesetzungen — zusammen auftreten und mit ihren farbig gepunkteten Röcken eine echte Augenweide sind. Die Rusty-Darstellerin hat dazu noch eine umwerfende Stimme, wie sie in dem Song "Let’s hear It For The Boy" vorführt. Zu einem der Publikumslieblinge avanciert Tobias Kroker mit seiner locker-humorvollen Darstellung des tollpatschigen und schüchternen Willard. Auch die Erwachsenenrollen sind typengerecht besetzt, so verkörpert Lehrer Karl Rillig mit glaubhafter Intensität die Verzweiflung und Gewissensnöte des Predigers und Reverend Moore und Judith Schwab gefällt als dessen Ehefrau mit warmherzigem Spiel und schöner Stimme.

Eine Vielzahl weiterer Akteure trägt das Musical-Geschehen mühelos über drei unterhaltsame Stunden. Mit wenigen Handgriffen verwandelt sich die Bühne in wechselnde Schauplätze zwischen Graffiti, Kirche, Schule und Country-Bar; die Choreografien von Katharina Dehn und Silke Herbolzheimer haben Schwung, Pfiff und Showeffekt und werden von den jungen Tänzerinnen rhythmisch präzise getanzt. Die Live-Band um den musikalischen Leiter Thomas Vogt sorgt für satten Sound und rhythmische Verve, so dass dieses schulische Musicalprojekt auch musikalisch rund läuft.

Roswitha Frey


— Weitere Vorstellungen heute, Samstag, und morgen, Sonntag, 19.30 Uhr.
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